ZWISCHEN ROMANTIK UND REALISMUS
Keine einheitliche Bezeichnung für
Literatur zwischen 1820 und 1850; allzu unterschiedliche
Tendenzen prägen Übergangscharakter dieser Epoche; ist Zeitgenossen bewusst.
Historischer Hintergrund:
fürstlicher Absolutismus ( durch Heilige Allianz - Ö, Preußen, Russland -
nach außen abgesichert)
1830 Julirevolution in F - Bürgerkönig Louis Philippe
Polen, Belgien - Aufstände
Unruhen im Dt. Bund - durch scharfe Polizeimaßnahmen unterdrückt a
Zensur, Verbote
sollten Verbreitung neuer nationaler, liberaler und demokratischer Ideen
verhindern und öffentliche
Meinung beeinflussen; v.a. Universitäten unter Überwachung.
Industrialisierung blieb in D weit hinter E und F zurück a
Elend und Not für die Arbeiter
1844 - Schlesischer Weberaufstand a
Sturm auf Fabriken brutal niedergeschlagen
1835 - Schriften mehrerer Autoren verboten, die man unter Bezeichnung "Das
Junge Deutschland"
zusammenfasste. Schriftsteller bildeten keine einheitliche Gruppe, hatten jedoch
zeit- und gesellschaftskritische Denkweise gemeinsam sowie die Absicht,
politische Wirkung zu erzielen.
Sie wollten den "gesellschaftlichen Zustand einer Zeitperiode ausdrücken
und abprägen"
(Ludolf Wienbarg), versuchten also den Leser politisch zu beeinflussen und
Veränderungen
herbeizuführen.
I. POLITISCHE TENDENZDICHTUNG
1) Das Junge Deutschland
eine nach der Julirevolution aufkommende Gruppe liberalrevolutionärer
Schriftsteller, die
zu einer literarischen Partei zusammengefasst wurden; kämpften für liberalere,
freiere, demokratische Zustände.
1834 - Einführung des Namens von Ludolf Wienbarg, der seine gegen die Romantik
gerichtete
Zeitschrift "Ästhetische Feldzüge" dem "jungen, nicht dem alten
Deutschland" widmete.
Metternich vermutete dahinter politische Verschwörung, ließ Schriften des
"Jungen Deutschland"
durch Bundestagsbeschluss verbieten.
Schriftsteller mussten zum Teil nach Frankreich, England emigrieren oder wurden
festgenommen.
Sie waren Gegner der lebensabgewandten Romantik und der politischen
Restauration;
schufen Tendenz- und Zeitdichtung = Dichtung, die sich mit Zeitproblemen
auseinandersetzt
und für bestimmte politische Ideen begeistern will.
Wichtigste Vertreter: Heine, Börne, Gutzkow, Laube
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Ludwig Börne (1786-1837)
politischer Schriftsteller, Journalist, Hrsg. von Zeitschriften; emigrierte nach
Paris; von dort aus
schrieb er leidenschaftliche, geistreiche, aber oft ungerechte Zeitungsartikel
gegen deutsche Zustände; gesammelt erschienen unter "Briefe aus
Paris".
Karl Gutzkow (1811-1878)
Journalist, Hrsg. von Zeitschriften, Schriftsteller
umfangreiche Romane und BühnenwerkeaKampf
gegen Reaktion in Religion, Gesellschaft
und Politik
"Wally, die Zweiflerin", Roman, 1. moderner Frauenroman (Art
"Wertherroman" modern)
Wally, ein junges, deutsches Mädchen aus vornehmer Familie, heiratet auf Wunsch
des
Vaters den sardinischen Gesandten, vermählt sich aber an ihrem Hochzeitstage
"geistig"
mit dem geliebten Cäsar, indem sie sich ihm nackt zeigt. Als Cäsar sich einer
anderen
zuwendet, ersticht sie sich. Ihr Tagebuch erklärt ihren Zusammenbruch mit
religiösen
Zweifeln.
Roman wurde von konservativer Kritik als unsittlich, gottlos und
staatsgefährlich bezeichnet
a
Gefängnisstrafe, Einreihung in Gruppe der verbotenen jungdeutschen Autoren.
Heinrich Laube (1806-1884)
Journalist, Romanschriftsteller a
Junges DeutschlandaAnfeindung
"Das junge Europa" - 3-bändiger Zeitroman
"Der deutsche Krieg" - gegenwartsbezogener Geschichtsroman
(Kulturbild des 30-jährigen
Krieges)
Abkehr vom jungdeutschen Radikalismus a
bedeutendster deutscher Theaterfachmann
Direktor des Wiener Burgtheaters 1849-1867
2) Politische Tendenzlyrik
3 Gruppen, geordnet nach politischen Kampfparolen
a) für die liberale Freiheitsidee:
Georg Herwegh - radikal, fordert Umsturz, Revolution, Errichtung einer
Republik;
kämpft auch für Arbeiter; Freund Lassalles; dichtete Bundeslied des
"Allgemeinen
deutsche Arbeitervereins".
b) für soziale Idee
Ferdinand Freiligrath - schildert Not der Arbeiter a
Begründer und Vorläufer der späteren
sozialen Proletarierlyrik
"Prinz
Eugen, der edle Ritter" - unpolitisch, von Karl Loewe vertont
c) Idee der Einigung Deutschlands
Hoffmann von Fallersleben - Dichter der späteren dt. Nationalhymne
"Unpolitische Lieder"
"Kinderlieder" - "Alle Vögel sind schon da"
"Kuckuck, Kuckuck. Ruft's aus dem Wald"
"Ein Männlein steht im Walde"
"Winter ade, scheiden tut weh"
"Morgen kommt der Weihnachtsmann" ........ u. a.
II. DAS
DRAMA
Die bedeutendsten Dramatiker in der Zeit zwischen Romantik und Realismus sind
Österreicher
(siehe österr. Literatur). Außerhalb Österreichs besitzen bloß Karl
Immermann, Christian Dietrich
Grabbe und Georg Büchner literarhistorische Bedeutung.
Karl Lebrecht Immermann (1776-1840)
gewinnt in seiner Zeit als Dramaturg und Theaterdichter hohes Ansehen, heute
jedoch nur als Epiker bekannt;
"Das Trauerspiel in Tirol" - Andreas Hofer-Drama, 1. modernes
geschichtliches Drama auf
volkstümlichem Boden
"Die Epigonen" - breit angelegter Roman in 9 Büchern; wird
damit zum Schöpfer des 1. großen Zeitromans
Immermann sieht in seinen Zeitgenossen Epigonen, d.h. Menschen einer
Übergangszeit, die von der Bildung und den Idealen der vorangegangenen
klassisch-romantischen Zeit niedergedrückt werden und noch nicht zur Entfaltung
ihres eigenen Wesens gekommen sind.
"Münchhausen" - Doppelroman a
der romantisch-satirischen und abenteuerlichen Welt des Lügenbarons
Münchhausen steht die bäuerliche Welt des Oberhofs gegenüber.
Christian Dietrich Grabbe (1801-1836)
einsam, unverstanden, unglückliches Leben, Maßlosigkeit a
geistiger und körperlicher Zusammenbruch, stirbt 35jährig.
Brachte trotz genialer Begabung kein geschlossenes Kunstwerk zustande.
"Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung" - Lustspiel;
übertreibt romantische Ironie
Georg Büchner (1813-1837)
siehe Kopie
III. DER ROMAN
1) Gesellschafts-, Sitten-, Zeitroman
Der Gesellschaftsroman stellt die Gesellschaft oder eine ihrer Schichten dar.
Der Zeitroman will nicht nur gesellschaftlich, sondern auch geistig ein echtes
Gemälde der Gegenwart geben.
Der Sittenroman schildert oder karikiert die zeitgenössischen Moralzustände,
meist in Szenen aus dem Alltagsleben.
Diese drei Romantypen sind Schöpfungen des 19. Jahrhunderts.
Immermann, Gutzkow, Laube (siehe oben)
2) Historischer Roman
Vorbild: Walter Scott
1. deutsche Nachahmung: Wilhelm Hauff - "Lichtenstein"
3) Landschaftsdichtung
"Zurück zur Natur" als Reaktion auf fortschreitende
Industrialisierung und Verstädterung des Lebens a
Entstehung einer heimatlichen Landschaftsdichtung (Gotthelf - Schweiz, Stifter
- Österreich)
IV. DIE LYRIK
Im Vordergrund steht politische Tendenzlyrik der Jungdeutschen.
Vertreter der tendenzfreien Lyrik erfahren Anerkennung und Würdigung erst bei
der Nachwelt.
Annette von Droste - Hülshoff (1797-1848)
Nikolaus Lenau (1802-1850)